Das englische Adjektiv „Pending“ heißt auf deutsch etwa „bevorstehend“ oder „schwebend“. Damit rührt sein Gehalt an das Zeitliche wie das Räumliche. Das Wort kann zudem „unerledigt“ bedeuten. Reiht man diese Begriffe aneinander – bevorstehend, schwebend, unerledigt –, so tritt etwas eigentümlich Unentschiedenes, Offenes hervor; jedenfalls etwas Nicht- Determiniertes. „Noch nicht“, könnte man in die Reihe rufen, denn solche Adjektive machen ihre Objekte immerhin zu Ankündigungen: Das Bevorstehende wird kommen, das Schwebende wird landen, das Unerledigte wird erledigt.
Den spezifischen Charakter der Ankündigung verkündet aber nicht das vorstehende Adjektiv „Pending“, sondern erst sein Substrat „Objects“. Denn das Adjektiv muss sich auf etwas beziehen. Wir müssen wissen, was uns konkret tangiert, sei es bevorstehend, schwebend oder unerledigt. Jedes Adjektiv bezieht sich also auf ein Etwas, eine Substanz, der es eine Qualität zuschreibt. Ohne diesen Bezug bleiben die Worte ohne Identität, lediglich ein geisterhaftes Schulterzucken, das vage auf seine Haltlosigkeit verweist.
Was aber, wenn wir „Pending“ den Status des Adjektivs entziehen und ihm Substrat-Status verleihen? Wenn wir so tun, als wäre „Pending“ die Substanz, das „Eigentliche“, das Bezeichnete und nicht die Zuschreibung? Eine solche Umkehrung ist kaum zu fassen; sie scheint den Urzusammenhang zwischen Denken und Grammatik aufzulösen. Denn Objekte können Wiewörter sein (der Wald ist schön), aber Wiewörter können keine Objekte sein (schön ist kein Wald), sondern sie nur einfangen und verwandeln. Die beruhigende Identität entfällt.
Die Werke der Ausstellung sind selbst nicht in der Schwebe, nicht bevorstehend oder unerledigt, „Pending“ ist nicht ihre Eigenschaft, sondern ihre Funktion. Fungiert der herkömmliche Ausstellungstext allzu oft als erste Präformation künstlerischer Arbeiten in Richtung ihrer Bestimmung als Waren unter Waren unter Waren, so möchte dieser Text zur temporären Verweigerung unserer Einordnungsgier einladen. Keine Partizipation wird verlangt, kein Narrativ gesetzt. Die Verunsicherung, die die übersetzte Wortreihe – bevorstehend, schwebend, unerledigt – auslöst, wird begrüßt.
Aber – FOR CRYING OUT LOUD – hier soll selbstverständlich auch keiner vor-kritischen Kontemplation das Wort geredet werden. Nein, das Bürgersubjekt soll sich nicht in jener Harmlosigkeit und Losgelöstheit üben, die entsteht, wenn Kunst zum Anderen der Arbeitswelt verkleinert wird. Wer sich ohne kategoriale Einordnungen ausliefern kann, entrückt nicht in einen virtuellen Wellness-Bereich, sondern hin zum Material, hin zu den Farben, hin zu vermeintlich Unbewegtem, dessen Formen zu Inhalten werden, die zumindest kurz ohne Worte und Anbindungen bleiben, sich kurz gegen die Gesetze des Ganzen emanzipieren. Die Neugier entsagt kurz der Gier und entdeckt die Weiten der Assoziation und des Imaginären. Mehr kann man ja nicht verlangen.
Was Adorno zufolge die Philosophie der Welt nicht antun solle, soll ein Ausstellungstext der Kunst nicht antun – also nicht sie auf „ein präfabriziertes System von Kategorien […] reduzieren, sondern, gerade umgekehrt, sich in einem bestimmten Sinn offen […] machen für das, was dem Geist an Erfahrung sich darbietet. Und von diesem Erfahrungsbegriff und der veränderten Stellung zur Unendlichkeit möchte ich dann am Donnerstag weiter sprechen.“ (1)
Text von Simon Stockinger
(1) Adorno, Theodor W. (2007/1965): Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/1966. Frankfurt/Main: Suhrkamp, S. 113